Ein seelisches Trauma bedeutet analog dem allgemeinen Begriff in der Medizin eine Erschütterung oder Verletzung. Ein Beinbruch ist ein Trauma, eine körperliche Verletzung und zumindest eine vorübergehende Einschränkung. Jeder kann sie sehen. Man wird bedauert, die Umgebung zeigt Mitgefühl. In der alltäglichen Sprache verwenden wir den Begriff Trauma für Verletzungen und seelische leidvolle Erfahrungen. Aber die seelische Verletzung sieht man nicht. Folglich bleibt das Bedauern aus. Im Gegenteil - Für Laien seltsame Verhaltensweisen werden eher abfällig betrachtet: Der oder die kann sich nicht zusammennehmen. Aber so ist es nicht.
Der psychologische Begriff "Trauma" geht davon aus, dass es ein Ereignis gegeben hat, das aus Sicht des Betroffenen mit Lebensgefahr verbunden war. Es ist egal, ob es objektiv so war. Entscheidend ist, dass der oder die Betroffene es so wahrgenommen hat.
Solche Ereignisse können zunächst weniger dramatisch erscheinen wie schwere persönliche Angriffe, lang andauernde Manipulation, Mobbing, emotionaler Missbrauch, Vernachlässigung, körperliche Züchtigung, Scheidung oder Trennung, Konfrontation mit Traumafolgen als Helfer oder Therapeut (Sekundärtrauma), sowie traumatisierendes Geburtserleben. Die Kinder der 50er, 60er und 70er Jahre haben es womöglich erlebt, dass sie als Kleinkinder im Krankenhaus nur zu streng festgelegten Zeiten von ihren Eltern besucht werden durften. Die starke Einschränkung führte bei Säuglingen und Kleinkindern zu Hospitalismus, auch Deprivationssyndrom genannt, frühkindlichen Regulationsstörungen wie exzessivem Schreien, Verlassenheitstraumata.
Im Erwachsenenalter kann das katastrophale Folgen für das sich Einlassen auf Beziehungen und partnerschaftliches Bindungsverhalten bedeuten. Trennungen im Erwachsenenalter können ein frühkindliches Verlassenheitstrauma reaktivieren.
Bei einem Psychotrauma ist das seelische System ist in seinen Bewältigungsmöglichkeiten überfordert. Zum Glück verfügt der Mensch über eine Selbstheilungstendenz: Die Selbstregulationsfähigkeiten des Organismus sind enorm, weshalb sich nach dem Abklingen von Belastungsreaktionen (bis zu 2 Tagen) und anschließend möglichen Belastungssyndromen nicht zwangsläufig eine Traumafolgestörung entwickeln muss.
Unfälle und Stürze
- Stürze (Treppen, Betten, hohe Stühle, Wickeltisch)
- Sportverletzungen (Sich überschlagen, Hinfallen beim Fahrrad-, Skateboard und Skifahren)
- Autounfälle (Schleudertrauma, auch bei niedriger Geschwindigkeit)
- beinahe Ertrinken und Ersticken
Medizinische und operative Eingriffe
- medizinische und operative Eingriffe (genäht werden, Spritzen, intravenöse Behandlungen, invasive Untersuchungen)
- Behandlungen beim Zahnarzt
- lebensbedrohliche Erkrankungen und hohes Fieber
- länger anhaltende Bewegungseinschränkung (Gipsverband, Schiene, Streckverband, Spreizhose)
- Vergiftungen
- Stress im Mutterleib und Komplikationen bei der Geburt (Nabelschnur um den Hals, Drogen, Alkohol etc.)
Gewalthandlungen/Angriffe
- Mobbing (Schule, Nachbarschaft, Geschwister)
- Angriffe durch Tiere (Hunde-, Schlangenbisse)
- Familiäre Gewalt
- Gewalt miterleben (dabei sein, sowie stellvertretend durch Videospiele und Fernsehen)
- Körperlicher und sexueller Missbrauch sowie Vernachlässigung
- Krieg, Vertreibung und generationenübergreifende Folgen
- Bedrohung durch terroristische Angriffe
Verlust
- Scheidung
- Tod eines geliebten Menschen oder eines Haustieres
- Trennung
- Verlorengehen im Kaufhaus oder in einer unbekannten Umgebung
- Besitz (Verlust des Zuhauses oder anderen Besitzes durch eine Katastrophe)
Umgebungsbedingte Stressfaktoren und Naturkatastrophen
- extremen Temperaturen ausgesetzt sein (Kleinkinder und Säuglinge)
- Naturkatastrophen (Feuer, Erdbeben, Überschwemmungen, Wirbelstürme, Orkane, Vulkanausbrüche)
- plötzlich auftretende laute Geräusche wie Auseinandersetzungen, Gewalt, Donner, etc., vor allem, wenn das Kind allein ist (Kleinkinder/Säuglinge)
Missbrauch beinhaltet potenziell ein Beziehungstrauma (Fischer & Riedesser, 2003). Die Bewältigungsstrategien von Kindern sind altersabhängig unausgereift. Gefährdet sind die Kinder am meisten durch die Zerstörung von Sicherheit bietenden emotionalen Bindungen, Selbstwertkonzepten und inneren Leitbildern. (G. Hüther) Bei Kindern interagieren Traumatisierung, Bindungserfahrungen und Gedächtnisentwicklung.
Entwicklungs-Traumastörungen treten insbesondere nach wiederholten und länger andauernden Traumata auf.
Gesicherte biographische Schutzfaktoren im Hinblick auf die Entstehung psychischer und psychosomatischer Krankheiten (Egle & Hardt, 2005) sind:
Dialog zwischen zwei erwachsenen Brüdern:
"Du hast noch das Fotoalbum von unseren Großeltern, Du wolltest es mir schon vor Jahren geben."
"Du kriegst es schon noch. Wenn ich es finde, gebe ich es Dir."
"Ich möchte es sofort."
"Ja, ja, warte einfach, ich komme nicht so schnell dazu."
Die Botschaft ist nicht eindeutig. Wenn er es ihm geben will, warum nicht sofort? Er will es ihm wohl nicht geben, man weiß aber nicht, warum, und er sagt zudem das Gegenteil.
Vielleicht war es früher in der Familie genau so. Vater und Mutter sind die wichtigsten Bezugspersonen in unserer Kindheit. Wir erwarten Sicherheit und Klarheit. Kommunizieren die Eltern paradox, entwickeln die Kinder Verwirrung. Wozu führt das? Sie verlieren Vertrauen in ihre eigene Wahrnehmung. So wie es gesagt wird, ist es ja nie. Sie verlassen sich auf das, was sie glauben, dass es richtig ist. Oder das Gegenteil passiert: Sie entwickeln eine seltsame Gutgläubigkeit, sie vertrauen blind auf das, was jemand sagt, auch wenn sie ihn gar nicht kennen.
Das Dialog-Beispiel mag mit Verwirrung enden. Bruder 1 enthält Bruder 2 das Album vor. So hat er es von den Eltern gelernt, wenn die etwas erreichen, aber es nicht klar zum Ausdruck bringen wollten. Vielleicht weiß er selbst nicht, warum er das Album nicht aushändigt. Er kennt es nicht anders. So war es immer in der Familie. Bruder 2 kann nicht aggressiv das Album fordern. Aggression war tabu in der Familie. Man hatte zu akzeptieren, wie es war, das wurde nie hinterfragt. Woran es liegt, dass er das Album nicht bekommt, kann er nie erfahren, denn er hat nicht gelernt, adäquat zu fordern.
Fazit für beide: Wenn sie in dieser double bind-Verwirrung, die sie in ihrer Vergangenheit gelernt haben, bleiben, haben beide weniger Chancen, im Beruf weit zu kommen, können beide keine konstruktive Beziehung führen usw.
Dr. David Berceli, ein amerikanischer Theologe, Psychologe und Bioenergetiker, stellte auf der internationalen Bioenergetischen Konferenz in Boston, 2005, sein Konzept der Trauma Releasing Exercises (TRE) vor. In der Folge konnte das IIBA David Berceli zu mehreren TRE-Workshops in Europa verpflichten. Zwei Workshops in Heidelberg habe damals ich mit ihm organisiert.
Mich hat dabei die Geschichte von der Antilope und dem Tiger besonders angesprochen, weil sie das Wesen seiner Methode erklärt: Der Tiger verfolgt die Antilope in der Savanne über eine sehr lange Strecke. Am Ende ist es die Antilope, die dem mächtigen Feind entrinnen kann, nachdem sie in Todesangst vor ihm hergelaufen ist und Haken um Haken geschlagen hat.
Der Tiger hat aufgegeben, die Antilope rennt weiter um ihr Leben, will ihm nicht durch Zufall gleich wieder begegnen. Als sie sich sicher fühlt, läuft sie direkt zu einem Wasserloch. Sie breitet die Vorderläufe weit aus, um mit dem Kopf ans Wasser zu kommen und trinken zu können. In dieser Körperhaltung tritt nun die Entspannung ein, die das Trauma löst: Die Antilope zittert am ganzen Körper, während sie trinkt. Sie lässt das Zittern zu, bis es von selbst verebbt. Danach kann sie wieder ohne Einschränkung ihr normales Antilopenleben weiterleben. Dieses Zittern ist das neurogene Zittern, das im TRE herbeigeführt wird.
Die Körperpsychotherapie ermöglicht über den Körper den Zugang zur Psyche. Dieser Zugang ermöglicht es, sich der Ursachen — meist Entwicklungstraumata — anzunehmen und gezielt zu behandeln. Aus diesem Grund spielt die Körperpsychotherapie als Methode zur Traumabewältigung eine wichtige Rolle und trägt nachhaltig zur Verbesserung der Lebensqualität bei. Auf Trauma spezialisierte Körperpsychotherapien wie TRE sind eine effektive Methode für die Traumatherapie. Sie ermöglichen über den Körper einen direkten Zugang zur Psyche des/der Patient*in.
Zusammenfassung aus Wikipedia: Während seiner Tätigkeit als Traumatherapeut in verschiedenen Krisengebieten machte Berceli die Erfahrung, dass es eine natürliche Reaktion des menschlichen Organismus auf Schock und traumatische Erlebnisse gebe, die sich in einem Zittern (neurogenes Zittern) des gesamten Körpers zeige. Er kam zu dem Schluss, dass das Zittern nach einem Schock, einem Trauma oder anderen sehr belastenden Ereignissen zur Grundausstattung von Säugetieren gehört. Es diene der Selbstheilung des Organismus, um sein inneres Gleichgewicht wiederzuerlangen. David Berceli hat daraufhin auf der Grundlage von Körperpsychotherapie, der Bioenergetischen Analyse, des Yoga, des Tai Chi und anderer östlicher Methoden eine Folge von sieben Übungen entwickelt, die ein neurogenes Zittern hervorrufen. Dieses Zittern soll mit seiner tief entspannenden Wirkung auf den Körper das Trauma "lösen" (release).
Eine zentrale Rolle im körperlichen Prozess der Traumatisierung spielen nach Berceli die Psoas-Muskeln. Sie liegen in der Körpermitte des Menschen (vor der unteren Lendenwirbelsäule und den Sakralwirbeln) und verbinden den Rücken mit dem Becken und den Beinen. Bei jeder traumatischen Erfahrung kontrahieren diese Muskeln. Sie ziehen den Körper zusammen und schützen so Herz, Bauch und alle weiteren inneren Organe. Durch das von Berceli, Levine und anderen beobachtete neurogene Zittern lassen diese tiefsitzenden Muskelgruppen ihre schützende Spannung los und kehren zu einem entspannten Zustand zurück. Das zentrale Nervensystem sendet dann Signale an das Gehirn, dass die Gefahr vorüber sei. So werde nach Ansicht von Berceli auch auf psychischer Ebene eine Traumalösung herbeigeführt.
In der Sichtweise von TRE bleibt der Körper ohne diese Entladung nach einer traumatischen Erfahrung in einem starken Stresszustand gefangen. Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) bilden sich, indem ein ständiger chemischer Erregungszustand bestehen bleibe, der den Organismus autonom dazu veranlasse, einzelne Bestandteile des traumatischen Ereignisses ständig zu wiederholen, um es doch noch irgendwann loszuwerden. Gefühle und Erinnerungen zu dem belastenden Ereignis wiederholen sich in Träumen, unwillkürlich aufkommenden Gedanken, belastenden Gefühlen und Flashbacks. Körperlich sei eine große Anspannung mehr oder weniger dauerhaft vorhanden.
Hier habe ich eine unvollständige Übersicht zusammengestellt, wo Sie Informationen über eine Traumatherapie erhalten.
Institut für Psychotraumatologie
Somatic Experience (SE) - als Methode der Traumaheilung
Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) - auf Deutsch ungefähr: Desensibilisierung und Aufarbeitung durch Augenbewegungen
Vegetotherapie und Wilhelm Reich
Bindungstrauma - Traumatisierungen durch Bindungspersonen sind erheblich gravierender.
Flashbacks - bedeuten sinngemäß Wiedererleben und Nachhallerinnerung, Symptom einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS)
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) - ist eine mögliche Folgereaktion ... traumatischer Ereignisse ... wie das Erleben körperlicher und sexualisierter Gewalt, sexuellen Missbrauchs, Vergewaltigung, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, ... die an der eigenen Person, aber auch an fremden Personen erlebt werden können.
Spaltung - Psychischer Abwehrmechanismus, der in einer Reaktivierung eines frühkindlichen psychischen Zustands besteht
Siehe auch Somatic Experience und Peter A. Levine